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23. Januar 2016
Ralph Edelmann 2
23. Januar 2016
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Ralph Edelmann

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Ralph Edelmann


Wahrträume
von Ralph Edelmann

„Gibt es Wahrträume? Ich sage ja.“

Gibt es Wahrträume? Ich sage ja.

Anhand der nächsten fünf Wahrträume möchte ich darüber schreiben.

Meiner Erkenntnis nach muss eine tiefere Einstellung zu einer Person gegeben sein.

Mein erster Wahrtraum.

Es geht in diesem Traum um meinen Großvater Mütterlicherseits. Als ich 1945 auf die Welt kam, befand sich mein Vater in englischer Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1947 zurückkam. Es war mein Großvater der sich gerade in diesen Jahren rührend um mich gekümmert hatte. Auch in den darauf folgenden Jahren war die Bindung zu meinem Großvater wesentlich stärker als die zu meinem Vater. Der war

Offensichtlich vom Kriegsgeschehen noch dermaßen traumatisiert, dass er es nicht verstand seinen eigenen Söhnen eine Kindgerechte Erziehung zu gewähren. Schläge und Freizeitenzug waren an der Tagesordnung. Nun aber zu meinem Traum.

Mein Großvater war Beamter bei der Deutschen Bundesbahn. Zu seinen Privilegien gehörte es, dass er im Jahr immer eine Anzahl von Freikilometern hatte. Wir wohnten damals in Kassel und er nutzte diese Kilometer, um jedes Jahr einmal mit seiner Frau nach Bayern in den Urlaub zu reisen. Die Fahrt ging in das Berchtesgadener Land.

Der Zug, mit dem er diese Reise antrat war „der blaue Enzian“. Eines Nachts, meine Großeltern befanden sich wieder einmal im Berchtesgadener Land im Urlaub. Hatte ich folgenden Traum. Ich träumte von einem Zug, der in den alten Kasseler Hauptbahnhof, der war damals noch ein sogenannter „Sackbahnhof“ einlief. Dort fuhr

die Lok, vornehmlich auch noch Dampflok, in den Bahnhof ein wurde dann abgehangen und eine neue Lok wurde vor den Zug gekoppelt und führte dann die Fahrt fort. Ich stand auf dem menschenleeren Bahnsteig, als vor mir ein dunkelblauer Wagon (der blaue Enzian) stoppte. Es war ein sogenannter Packwagen. Die Tür stand weit offen und mitten in dem Wagen stand ein Sarg…

Der Traum war sehr mystisch und ich erwachte davon, habe mir aber nichts weiter

dabei gedacht. Einige Tage darauf erhielten wir von dem Bauern aus Berchtesgaden,

bei dem mein Großvater seinen Urlaub verbrachte einen Brief in dem stand, dass er

in jener Nacht, als ich meinen Traum hatte einen Schlaganfall erlitt und ins Berchtesgadener Krankenhaus eingeliefert wurde. Man hat Ihn dann Wochen später

nach Kassel überführt, aber von diesem Schlaganfall hat er sich nicht wieder erholt und verstarb dann in einem Kasseler Krankenhaus.

***

Mein zweiter Traum

Dieser handelt von meinem Bruder, zu dem ich auch eine ganz enge Bindung hatte.

Er war drei Jahre Jünger als ich und wir beide gingen durch dick und Dünn.

Wir hatten an der Fulda oberhalb von Kassel ein Wassergrundstück und verbrachten dort unsere Wochenenden. Zu dem Anwesen gehörte auch ein kleines Motorboot.

In meinem Traum sah ich u. a. wie dieses Boot den Fluss abwärts getrieben kam.

Nun, ich habe mir nichts weiter dabei gedacht. Das Wochenende kam und mein Bruder setzte sich in das Boot und fuhr damit Flussaufwärts. Als er Stunden später

noch nicht zurück war, machte ich mir schon Sorgen. Doch plötzlich kam er mit dem Boot Fluss abwärts angetrieben. Natürlich hatte er kein Paddel dabei und nur die Strömung trieb Ihn. Was war geschehen? Weiter oberhalb von Bergshausen wird die Fulda immer flacher. Mein Bruder fuhr mit dem Boot in eine Untiefe, bekam Grundberührung und der Scherstift des Propellers brach ab. Handys waren zu der Zeit noch nicht erfunden und so blieb Ihm nichts anderes übrig sich den Fluss hinab treiben zu lassen bis er an unser Grundstück trieb. Genau so wie ich es einige Nächte zuvor geträumt hatte.

***

Mein dritter Traum

Hier handelt es sich nicht direkt um einen Traum, sonder um die enge Verbindung zwischen zweier Menschen dass der eine es spürt, wenn dem anderen Gefahr droht.

Es war im Jahr 1967, ich war in Kassel bei der Bundeswehr stationiert. Es war an einem Donnerstag den 12.ten Oktober. Ich hatte Dienst und bekam wie aus heiterem Himmel plötzlich starke Kopfschmerzen. Ich fuhr dann nach Hause zu meiner Verlobten, ich war seinerzeit Unteroffizier und musste nicht in der Kaserne schlafen.

Die Kopfschmerzen hielten fast die ganze Nacht an und waren gegen drei Uhr so schnell verschwunden wie sie begonnen hatten. Um vier Uhr in der Früh klingelte bei meiner Verlobten das Telefon. Meine Mutter war am Aperrat und teilte mir unter Tränen mit dass Sie eben meinen Bruder Tot in der Badewanne aufgefunden hatten.

Er hatte sich das Leben genommen. . .

Ich fuhr sofort zur Wohnung meiner Eltern und konnte auch nur noch das feststellen,

was meine Mutter mir am Telefon gesagt hatte. Der Grund war eigentlich ein ganz banaler! In seinem Tagebuch stand sein letzter Eintrag „Tod ohne Führerschein“

Mein Bruder war ein Autonarr, dass erste mal durfte er im Beisein seines Vaters

mit 13 Jahren ein Auto steuern. So kam es immer wieder zu Schwarzfahrten, bei denen er dummerweise auch immer von der Polizei erwischt wurde. Er wurde zu Wochenendarresten verurteilt, bekam auch eine mehrmonatige Jugendstrafe, die er

in Wiesbaden absitzen musste. Das alles hinderte Ihn aber nicht daran, weiter schwarz zu fahren. Er machte seinen Führerschein mit zwei Fahrstunden, er konnte

ja fahren. Sein Bewährungshelfer, ein Richter, alle sagten gebt doch dem Jungen,

er war mittlerweile 18, den Führerschein. Lediglich ein Beamter der Führerschein- Behörde ließ seine Muskeln spielen und wollte ein Exempel statuieren. Da er am Abend des 12. Oktober wieder einmal schwarz unterwegs war und wie immer erwischt wurde, hatte er damit seine Bewährung verwirkt und hätte wieder ins Gefängnis gehen müssen. Dies führte Ihn dann vermutlich zu seiner „Kurschlusshandlung“ Die leider nicht mehr gutzumachen war.

***

Die folgenden Wahrträume habe ich aus den Tagebüchern einer Großtante

die 1903 geboren wurde entnommen. Die Tagebücher habe ich bei meiner

Mutter gefunden als ich Ihre Wohnung aufgelöst habe.

Der erste Traum, er dürfte sich etwa um 1919 abgespielt haben.

Ich zitiere meine Tante Großtante Elisabeth :

Als ich das erste mal von zu Hause fort, in die Fremde ging, ich hatte eine Stelle als Volontärin in einem Geschäft angenommen mit Pension und Familienanschluss. Es war eine Tagesreise mit der Bahn von meinem Heimatstädtchen Rotenburg / Fulda

aus. Die letzte Nacht im Elternhaus hatte ich einen sonderbaren Traum. Ich stand in einem großen Haus und ein junger Mann nahm mir den Koffer ab und eine Frauenstimme sagte: „Führen Sie das Fräulein auf Ihr Zimmer“ So ging ich hinter dem jungen Mann her, eine Treppe, zwei Treppen, drei Treppen. Dann standen wir auf einem Hängeboden, krochen unter der Wäsche hindurch und eine einfache, angelehnte Tür machte der junge Mann auf und sagte: „so, hier ist Ihr Zimmer“

Ich wurde über diesem Treppensteigen munter und dachte, „wie komisch“ Am Morgen erzählte ich den Traum meinem Vater und er sagte mir, dass ich lieber eine Absage senden sollte. Aber, ich wollte nicht wegen eines Traumes wortbrüchig werden und fuhr in die weite, fremde Welt. Als ich gegen Abend mein Ziel erreichte und in dem Haus stand, wurde mir ein junger Mann vorgestellt und er nahm meine Koffer und ging die Treppen rauf und die Chefin sagte, ich möge mitgehen, damit ich meine Koffer auspacken könne. So ging ich ahnungslos hinter dem jungen Mann her, eine Treppe, zwei Treppen, auf der dritten Treppe bekam ich ein Angstgefühl und mir kam mein Traum in den Sinn. Also, genau wie ich es träumte, wir kamen auf den Hängeboden an, mussten unter Wäschestücken durch und standen vor einer Kammertür ohne Schloss. Ich konnte vor Schreck kaum noch ein Wort sagen, setzte mich auf meinen Koffer und die Tränen liefen mir die Wangen runter. Am liebsten wäre ich wieder fort gegangen. Erst nach drei Tagen habe meinen Koffer ausgepackt. Dann bin ich drei Monate geblieben. Es war ein großer Reinfall gewesen, mein erster Ausflug in die Fremde. Hätte ich auf meinen Traum etwas gegeben, wäre mir viel Leid erspart geblieben.

***

Mein zweiter Wahrtraum war einige Jahre später.

Ich war in einem größeren Büro tätig, einer Treuhand und Bücherrevisorgesellschaft.

Es waren mehrere Damen und Herren dort beschäftigt. Einer von den Bücherrevisoren hatte großen Eindruck auf mich gemacht und war immer sehr

nett zu mir. Er gab mir auch immer gern Auskunft, wenn es sich um Steuer Angelegenheiten handelte. Eines Morgens war er nicht im Büro erschienen. Ich hörte

im Lauf des Tages, er sei erkältet. So verging eine Woche und Herr v. B. kam immer noch nicht zurück, was ich sehr bedauerte, denn die anderen Herren waren kurz angebunden und so musste ich sehen, wie ich mit meiner Arbeit fertig wurde.

Da hörte ich an einem Samstag, kurz vor Büroschluss das Telefon und wie eine Telefonistin sagte “ So schlimm ist es mit Herrn v. B.“ Sie sagte uns dann, dass man vom Krankenhaus angerufen habe, Herr v. B. habe eine „Kopfgrippe“.

In dieser Nacht vom Samstag auf Sonntag träumte ich, dass Herr v. B. zu mir kam und mit mir fort gehen wollte. Ich wollte meinen weißen Schal aus dem Schrank holen und wie ich denselben in der Hand hielt, war er schwarz. Ich steckte Ihn in den Schrank zurück und suchte nach einem weißen Schal, aber so oft ich diesen hervor zog war er schwarz. Ich war darüber munter geworden und konnte vor Aufregung auch nicht mehr einschlafen.

Als ich am Montagmorgen das Büro betrat, war meine erste Frage, wie geht es Herrn v. B. Niemand wusste etwas, man rief das Krankenhaus an und ich musste mit anhören, dass er Samstag auf Sonntagnacht gestorben sei. Mein Traum, der schwarze Schal, hatte sich bewahrheitet.

von Ralph Edelmann

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